Pressemitteilung 01/2023

Ethikrat hört Sachverständige zu Gerechtigkeit und Verantwortung angesichts des Klimawandels an

Am 23. Februar 2023 befragt der Deutsche Ethikrat im Rahmen einer öffentlichen Anhörung in Berlin Sachverständige aus der Philosophie sowie den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu Fragen der Klimagerechtigkeit und der Klimaethik.

Der Deutsche Ethikrat hat im November 2022 begonnen, sich mit den ethischen Aspekten der Klimakrise zu beschäftigen. In dieser frühen Arbeitsphase zieht er Sachverständige aus der Philosophie sowie den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften hinzu, um die Tragfähigkeit bestimmter gerechtigkeitstheoretischer und anderer ethischer Standpunkte zu prüfen, die in seine Beratungen einfließen sollen. Die weiteren Überlegungen des Rates zum Thema Klimawandel sollen sich vor dem multidisziplinären Hintergrund entfalten, den diese Anhörung aufspannt.

Die geladenen Sachverständigen geben zunächst jeweils zehnminütige Statements zu wichtigen Aspekten der ethischen Debatte zum Klimawandel ab, bevor sie sich den Fragen der Ratsmitglieder stellen.

Zunächst bietet die Ethikprofessorin Angela Kallhoff von der Universität Wien einen Überblick über die Debattenlage zur Klimaethik, einschließlich der Frage, welche Rolle die Ethik in der Klimadebatte spielen sollte. Dabei skizziert sie insbesondere die verschiedenen Dimensionen, in denen sich Forderungen nach Klimagerechtigkeit stellen.

Die Psychologin und Professorin für Gesundheitskommunikation Cornelia Betsch von der Universität Erfurt stellt anschließend die Ergebnisse der an ihrer Universität durchgeführten PACE-Studie vor, aus der hervorgeht, dass die Bereitschaft des Einzelnen, klimafreundlich zu handeln, wesentlich von der Wahrnehmung von Gesundheitsrisiken des Klimawandels, der Selbstwirksamkeit und von sozialen Normen abhänge.

Für Jörg Tremmel, Professor der Politikwissenschaften an der Universität Tübingen, besteht eine Verantwortung, den eigenen Lebensstil im Sinne des Klimaschutzes so zu verändern, dass der persönliche CO2-Fußabdruck schrumpft, auch dann, wenn andere nicht so handeln.

Dieter Birnbacher, Professor für Philosophie der Universität Düsseldorf, hält Warnungen vor den Folgen des Klimawandels nicht für bloßen Alarmismus. Die Folgen des Klimawandels träfen in erster Linie Menschen in armen Ländern. Dass ihr Schicksal wegen ihrer zeitlichen, räumlichen und affektiven Ferne von den gegenwärtigen Verursachern leicht verdrängt werde, sei eine empörende Ungerechtigkeit.

Philipp Staab, Soziologieprofessor an der Humboldt-Universität Berlin, analysiert in seinem Impulsvortrag, wie die in der Klimaethik oft erhobene Forderung nach Anpassung an den Klimawandel zu verstehen sei. Er weist darauf hin, dass im soziologischen Sinn die in der Klimapolitik etablierte Unterscheidung zwischen Mitigation und Anpassung missverständlich ist.

Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung legt dar, dass sich Klimaziele und die Pfade zu ihrer Erreichung mit der Kostennutzenanalyse und der Kosteneffektivitätsanalyse bestimmen ließen. Ethisch relevant sei dabei, welche Kosten- und Schadens-kategorien Eingang fänden und wie zukünftige Klimaschäden diskontiert würden.

Weil der Klimawandel ein globales Problem ist, werfe er Fragen globaler Gerechtigkeit auf, sagt Simon Caney, Professor für Politische Theorie an der Universität Warwick (UK). Eine dieser Fragen sei: Who has what responsibilities to bring about a just transition from our unsustainable carbon-based economies to a fair and sustainable world?

Die Anhörung wird unter ETHIKRAT LIVE übertragen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Im Nachgang werden ein Video-Mitschnitt und eine Transkription zur Verfügung gestellt.