Jahresbericht

Jahresbericht 2024

Veröffentlicht: Mai 2025


Das Jahr 2024 war global das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das haben rückblickend sowohl der Copernicus-Klimawandeldienst als auch die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bestätigt. In Deutschland folgte auf den wärmsten Februar der wärmste März seit 1881, begleitet von einem so regenreichen Winter wie seit 76 Jahren nicht mehr. Die Folge: Winterhochwasser in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. In dieser „Großwetterlage“ veröffentlichte der Rat am 13. März 2024 seine Stellungnahme „Klimagerechtigkeit“. Darin behandelt er zentrale Fragen der Gerechtigkeit und Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel und formuliert 13 Empfehlungen, wie die Klimawende gerecht gestaltet werden kann. Die Rezeption war – ungeachtet der Dringlichkeit und Aktualität der Fragen, die dabei angesprochen wurden – gemischt: Sie schwankte zwischen euphorischer Zustimmung und Ablehnung.

Wandel war auch für den Ethikrat im Jahr 2024 mal wieder das Stichwort. Ende April endete die Amtsperiode von 20 Ratsmitgliedern. Nur vier verblieben weiterhin im Rat, da sie abweichende Amtszeiten haben. Anders als in der Vergangenheit konnte die erste Sitzung in der neuen Ratsperiode allerdings nicht direkt im Folgemonat durchgeführt werden. Verzögerungen bei der Benennung der Ratsmitglieder seitens des Bundestages und der Bundesregierung führten dazu, dass die Berufung der Ratsmitglieder durch die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erst im Oktober erfolgte. Die erste Sitzung der neuen Amtsperiode konnte daher erst am 14./15. November in Berlin stattfinden.

Die Verzögerungen bei der Berufung hinderten den Ethikrat allerdings nicht daran, bereits geplante Veranstaltungen durchzuführen oder bereits abgeschlossene Publikationen zu veröffentlichen.

So führte der Ethikrat zum Ende der Ratsperiode am 24. April noch ein Forum Bioethik zu einem durchaus kontroversen Thema durch: den gesellschaftlichen Diskurs über die Reproduktionsmedizin. Die Referentinnen und Referenten – hier bis auf eine Ausnahme Ratsmitglieder – thematisierten den Diskurs über Themen wie beispielsweise Leihmutterschaft, Eizellspende oder auch Schwangerschaftsabbruch und die ihnen zugrunde liegenden ethischen Konflikte. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie der Diskurs über reproduktionsmedizinische Fragen entschärft und versachlicht werden kann. Knapp zehn Tage zuvor, am 15. April 2024, hatte die von der Bundesregierung berufene „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ ihren Abschlussbericht vorgelegt. Das Forum Bioethik war aufgrund der Aktualität der aufgeworfenen Fragen sehr gut nachgefragt und besucht.

Deepfakes, Wahlmanipulation, Desinformation: Welche Gefahren bietet Künstliche Intelligenz für die demokratische Willensbildung? Im Superwahljahr 2024 knüpfte der Rat an seine 2023 veröffentlichte Stellungnahme „Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz“ an. Wenige Tage vor der Europawahl – und mit drei Landtagswahlen sowie der Präsidentschaftswahl in den USA in Aussicht – thematisierte das Web-Event „Macht und Bilder: KI und politische Meinungsbildung“ am 5. Juni Fragen zum Einfluss generativer KI auf Wahlen, auf Vertrauen, Vertrauensverlust und die demokratische Teilhabe.

Die Coronapandemie hat das Thema „Einsamkeit“ und ihre Folgen verstärkt in den Fokus von Öffentlichkeit und Politik gerückt. Im Jahr 2023 hatte die Bundesregierung eine nationale Strategie gegen Einsamkeit beschlossen. Bei seiner Jahrestagung am 19. Juni zum Thema „Einsamkeit“ konnte der Deutsche Ethikrat daher neben hochrangigen Sachverständigen auch die damalige Bundesfamilienministerin Lisa Paus begrüßen. Die Tagung thematisierte neben den gesundheitlichen, psychischen und sozialen Folgen von Einsamkeit, auch den Umgang damit in der Gesellschaft sowie Fragen von Prävention, Teilhabe und Gerechtigkeit.

Im Oktober veröffentlichte der Rat sein noch in der vorherigen Ratsperiode erarbeitetes Impulspapier „Normalität als Prozess“. Darin untersucht er, wie Vorstellungen dazu, was normal ist, in vielen gesellschaftlichen Bereichen normative Wirkung entfalten und will die Veränderlichkeit, Kontextabhängigkeit und Mehrdeutigkeit von Normalitätsvorstellungen stärker ins Bewusstsein rücken.

Am 14./15. November konnte dann wie bereits erwähnt die erste Sitzung in der neuen Ratsperiode durchgeführt werden. Dabei wurde der Rechtswissenschaftler Helmut Frister zum Vorsitzenden gewählt. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden die Neurowissenschaftlerin Susanne Schreiber, die Philosophin und Digitalethikerin Judith Simon sowie die Ärztin und Medizinethikerin Eva Winkler bestimmt. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ließ es sich nicht nehmen, dem neuen Vorsitzenden und seinen Stellvertreterinnen in der Sitzung persönlich zu gratulieren. Sie würdigte überdies die bisherige Arbeit des Rates und bestärkte ihn, vor allem in Zeiten von Polarisierung und Wissenschaftsskepsis weiter wichtige ethische Debatten in den Mittelpunkt zu stellen.

Der vorliegende Bericht umfasst gemäß § 2 Abs. 4 Ethikratgesetz die Aktivitäten des Deutschen Ethikrates und den Stand der gesellschaftlichen Debatte im Zeitraum von Januar bis Dezember 2024.