Individualisierte Medizin

Die moderne Medizin verfügt über immer genauere diagnostische, prognostische und therapeutische Möglichkeiten: Von der Onkologie bis zur Psychiatrie werden Krankheitsbilder differenzierter beschrieben, Erkrankungsrisiken und bestimmte Krankheitsverläufe lassen sich präziser vorhersagen und Behandlungsstrategien besser einzelnen Patientinnen und Patienten anpassen. Grundlage dieser Entwicklung ist die immer detailliertere Kenntnis der Zusammenhänge zwischen genetischen Merkmalen, Stoffwechseleigenschaften, Verhaltensweisen und pathologischen Prozessen. Neben Fortschritten in der Medizin selbst und ihren Grundlagenwissenschaften von der Biochemie über die Molekularbiologie bis zur Genetik wird dieser Wissenszuwachs auch durch verbesserte informationstechnische Verfahren zur Analyse großer Datenmengen („Big Data“) ermöglicht.

Außer mit dem Schlagwort „individualisierte Medizin“ wird der beschriebene Trend auch als „personalisierte Medizin“, „stratifizierte Medizin“ oder „Präzisionsmedizin“ angesprochen. Ebenso vielfältig wie seine Bezeichnungen sind die mit ihm verbundenen Verheißungen: Krankheiten könnten frühzeitiger therapiert oder ganz vermieden, Medikamente und andere Behandlungsformen wirksamer und dabei besser verträglich werden. Die Individualisierung der Medizin dürfte allerdings auch ihren Preis haben. So wird vonseiten der Gesundheitsökonomie eine Kostenexplosion befürchtet, die das solidarische Gesundheitssystem überfordern und die schleichende Einführung einer Zweiklassenmedizin zur Folge haben könnte. Auch das medizinische Behandlungsverhältnis könnte sich erheblich verändern, wenn individuelle ärztliche Behandlungsempfehlungen noch stärker als heute durch laborgestützte Therapiealgorithmen abgelöst werden würden.


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