Pressemitteilung 03/2010

Deutscher Ethikrat veranstaltete ersten Parlamentarischen Abend

Der Deutsche Ethikrat hat am gestrigen Mittwoch seinen ersten Parlamentarischen Abend in Berlin abgehalten.

Das Treffen diente dem Austausch mit den Parlamentariern über die bisherige und künftige Arbeit des Rates sowie die aus ihrer Sicht relevanten ethischen Fragestellungen der 17. Wahlperiode.

Edzard Schmidt-Jortzig, der Vorsitzende des Ethikrates, betonte in seiner Begrüßungsansprache, dass es Aufgabe und Anliegen des Ethikrates sei, mit seinen Stellungnahmen „so direkt wie möglich an das Verfassungsorgan zu kommen, das dann gegebenenfalls aus den Empfehlungen allgemeingültige und rechtsverbindliche Vorschriften macht“.

Bei dieser Gelegenheit überreichte der Ratsvorsitzende den Jahresbericht des Ethikrates über das Jahr 2009 an Bundestagspräsident Norbert Lammert.

Der Bundestagspräsident hob in seinem Grußwort hervor, dass sich der Deutsche Bundestag vom Ethikrat „eine möglichst sorgfältige, aber auch möglichst regelmäßige Beratung“ wünscht. Bei der Definition und Behandlung relevanter Themen komme es ihm persönlich jedoch weniger darauf an, möglichst einvernehmlich zu entscheiden. Da es einen Generalkonsens „regelmäßig umso weniger gibt, je anspruchsvoller die Themen werden“, sei es ihm im Zweifelsfall lieber, wenn der Ethikrat nach einer kontroversen Diskussion „mit einem von einer mehr oder weniger breiten Mehrheit getragenen Votum an den Bundestag herantritt“.

Im weiteren Verlauf des Abends stellten die Sprecher der ratsinternen Arbeitsgruppen den aktuellen Stand der Beratungen vor. Regine Kollek berichtete von der kurz vor dem Abschluss stehenden Diskussion zur Stellungnahme „Humanbiobanken für die Forschung“, Eckhard Nagel benannte Kernfragen der Diskussion der Arbeitsgruppe zum Thema Allokation im Gesundheitswesen, Michael Wunder stellte das Arbeitsprogramm der zu Beginn des Jahres gegründeten Arbeitsgruppe zum Thema Demenz vor, und Wolf-Michael Catenhusen zog eine Zwischenbilanz der Debatte zum Thema Mensch-Tier-Mischwesen.

Die Abgeordneten zeigten an den vorgestellten Themen großes Interesse und nutzten die Gelegenheit zur Diskussion mit den Ratsmitgliedern.

Im zweiten Teil präsentierte Christiane Woopen, stellvertretende Vorsitzende des Ethikrates, die Empfehlungen des Rates zum Problem der anonymen Kindesabgabe. Sie betonte, dass das übliche Diktum „Wenn auch nur ein Leben gerettet werden kann, hat es sich schon gelohnt“ und das bis heute allzu oft öffentlich vorgetragene simplifizierende Urteil, das Recht auf Leben sei wichtiger als das Recht auf Kenntnis der genetischen Herkunft – was auch im Ethikrat niemand bestreite –, der Komplexität der Problematik nicht gerecht würden. Sie bedauerte zudem, dass die vom Ethikrat empfohlenen Maßnahmen zur Hilfe für Schwangere und Mütter in Not in der öffentlichen Diskussion nicht ausreichend aufgegriffen worden seien. Dazu gehörten vor allem die wirksamere öffentliche Bekanntmachung und die Stärkung des Vertrauens in die schon bestehenden vielfältigen Hilfsangebote.

Mit Blick auf eine mögliche gesetzliche Regelung diskutierten sodann die Abgeordneten mit den Ratsmitgliedern vor allem über die Empfehlung des Ethikrates, ein Gesetz zur vertraulichen Kindesabgabe mit vorübergehend anonymer Meldung zu schaffen.